Wer San Martino di Castrozza und die Täler von Primiero und Vanoi gut kennt und oft in den Schatten der Pale di San Martino zurückkehrt – für einen erholsamen Urlaub oder einige Tage der Ruhe – hat sicher schon die wiederkehrende Darstellung eines sympathischen Tieres bemerkt, das in vielen Formen erscheint, aber unverwechselbar bleibt.
Es handelt sich um den Fischotter – das wahre Symbol der Region.
Aufmerksame Besucher haben ihn sicher schon auf den Wappen einiger Gemeinden (oder ehemaliger Gemeinden) des Tales entdeckt: Canal San Bovo, Imer, Mezzano und Tonadico – heute Teil der Gemeinde Primiero San Martino di Castrozza – werden alle durch dieses pelzige und schnurrbärtige Tier dargestellt. Selbst wer nur vorbeifährt, kann die große, majestätische Cortenstahl-Otter-Skulptur am Kreisverkehr am Eingang von Imer im Talboden von Primiero nicht übersehen – ein deutliches Zeichen ihrer Bedeutung.
Die Antwort liegt in einer alten Legende, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde – eine von vielen, die die reiche Erzähltradition von Primiero prägen.
Ein Tal voller Legenden
Die Legende erzählt, dass das Becken, in dem sich heute das Primiero-Tal befindet, einst von einem riesigen See bedeckt war, umgeben von den Pale di San Martino und den Vette Feltrine. In diesem großen Alpensee lebten viele Fischarten – und eine einzige, einsame Otterdame. Eines Tages, müde von ihrer Einsamkeit, beschloss sie geduldig, einen Durchbruch am unteren Rand des Beckens zu graben. Als ihr das schließlich gelang, strömten die Wassermassen hinaus und formten die Schenèr-Schlucht – die kurvenreiche Schlucht, die man heute auf dem Weg von Feltre nach Primiero durchquert.
Diese edle Tat, die den Menschen ermöglichte, sich im Tal niederzulassen, brachte der Otterin die Ehre ein, zum Symbol des gesamten Gebiets zu werden und auf den Wappen der Gemeinden zu erscheinen. Noch heute sind die Bewohner von Primiero diesem freundlichen Tier eng verbunden und erzählen mit Stolz die Legende, die es berühmt machte – auch wenn der Otter seit Langem aus dieser Region (und generell aus dem ganzen Trentino) verschwunden ist.
Für die Romantiker lebt die Otterin heute anderswo – glücklich, weil sie einen Gefährten gefunden hat, mit dem sie ihr Leben teilen kann. Glücklich sind aber auch die Menschen von Primiero – und die vielen Besucher, die jedes Jahr in dieses Tal mit seinen grünen Wiesen, üppigen Wäldern und majestätischen Bergen kommen – das stille Geschenk einer unermüdlichen Otterin auf der Suche nach Gesellschaft.